Verhaltensregeln

Bevor es auf Tour geht, sind klare Verhaltensregeln mit dem Filius abzusprechen. Radfahren ist per se relativ ungefährlich, würden nicht Gefahren von anderen Verkehrsteilnehmern ausgehen. Ergo: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste! Rechtzeitiges Anhalten an Kreuzungsbereichen, das Überqueren von Straßen wie Achtsamkeit auf Fußgänger, Scater, andere Radler, Hunde usw. sollte ihnen gebetsmühlenartig ins Bewusstsein eingetrichtert werden, zumal (Klein-) Kinder ein geringeres Gefahrenbewusstsein besitzen. Insbesondere beim Annähern an Einmündungen / Kreuzungsbereichen sollten sich zumindest unsichere Kinder im akustischen Einflussbereich eines Erwachsenen befinden. Wird auf eine öffentliche Straße eingebogen, ist das Rechtsfahrgebot strikt einzuhalten. Eben weil sich die Kleinen durch äußere Reize leicht ablenken lassen macht es für Aufsichtspersonen unerlässlich, sich einfühlsam in die Perspektive der oft geistesabwesenden und unberechenbaren Geschöpfe hinein zu versetzen und vorausschauend potentielle Streckengefahren aufzuspüren. Ansonsten läuft man Gefahr, die Aufsichts- und Sorgfaltspflicht zu verletzen, woraus sich womöglich Schadensersatzansprüche Dritter ergeben könnten. Weil dem so ist, darf die verbale Kontaktreichweite zur Steuerung der kleinen Piloten unter keinen Umständen abreißen. Ist die akustische Wahrnehmungsschwelle überschritten, verhallen mündliche Anweisungen ungehört. Rasseln die Kleinen ausgerechnet im „unbeaufsichtigten“ Moment in eine brenzlige Situation, sind sie urplötzlich auf sich allein gestellt.

Einem Gerichtsurteil zufolge, muss ein Erwachsener sich in einer derartigen Nähe zu dem Kind befinden, "dass er jederzeit durch Zurufe, gegebenenfalls auch körperlich, eingreifen kann". Da Aufsichtspflichtverletzungen im Detail gesetzlich nicht geregelt sind, erfolgen bei angestrengten Zivilprozessen i.d.R. Einzelfallentscheidungen (Richterrechtsprechung).
Tipp: eine private Haftpflichtversicherung deckt nicht nur bestimmte Schäden ab, sondern gewährt zusätzlichen Rechtsschutz.

Allem guten Willen zum Trotz, lauern für elterliche „Lehrmeister“ auch didaktische „Fettnäpfchen“. So sollte z.B. nicht ungeduldig zur „Jungfernfahrt“ gedrängt werden, sondern der Antrieb vielmehr dem Interesse des Kindes entspringen. Sobald dem künftigen Piloten das niegelnagelneue Kinderrad ins Auge sticht, beginnen erste Fahrversuche ohnehin ganz unvermittelt und völlig überraschend. Wer zu forsch und ungestüm die Wichte auf den Sattel zwingt, erreicht eher das Gegenteil von dem, was bezweckt wird. Wie die ersten Geh- und Stehversuche, stellen auch erste Fahrversuche mit dem zweirädrigem Gefährt eine besondere Ausnahmesituation sowohl Kind wie Eltern dar. Allgemeine  Aufregung liegt in der Natur der Sache - nicht aber ein ungeduldiger Erwartungsdruck der Eltern. Radfahren Lernen ist ein derart lebenseinschneidendes Ereignis, das vielen Menschen z.T. Jahrzehnte im Gedächtnis haften bleibt. Gerade deshalb gilt es, schlechte Erfahrungen unter allen Umständen zu vermeiden, weil sie prägend sind und eine grundsätzlich negative Grundhaltung gegenüber dem Fahrrad erzeugen. Jeder missglückte Versuch, dem Kind das Radfahren beizubringen, wird unweigerlich als Enttäuschung im Langzeitgedächtnis abgespeichert. Geschürte Angst und Selbstzweifel führen zwangsläufig zu einer verkrampften Haltung, die den Lernwillen blockiert und das Lernvermögen stark beeinträchtigen. Kurzum: jeglicher Psychodruck setzt eine positive Reizverknüpfung in Sachen Radfahren leichtfertig auf’s Spiel. Nur wenn das lernende Kind Radfahren mit Freude verbindet, wird es Gefallen daran finden.

Bis dosierte Bremsungen, ausbalancierte Kurvenfahrten oder Umfahren von Hindernissen locker von der Hand gehen braucht es Geduld, Fingerspitzengefühl, Aufmunterungssprüche, Lob und Anerkennung. In einer ungezwungenen Atmosphäre lernen Kinder nach und nach Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten zu entwickeln.