Feuer frei zum Shodown des Race24 in Kelheim

Prolog

24h-Rennen üben eine ganz spezielle Faszination auf Sportler wie auf Zuschauer aus. Die sportlichen wie organisatorischen Herausforderungen über einen Tag und eine Nacht hinweg sind immens, da sie in vielerlei Hinsicht eine außergewönliche Dimension einnimmt. Nicht nur die Wettkämpfer sind gefordert, sondern ebenso das Umfeld mit Betreuern, Helfern und Freunden. Für Mannschaftsfahrer sind 24h-Rennen nicht nur ein sportlicher Wettstreit auf der Rennstrecke, sondern im Teamplay geht es um das Bewältigen der gemeinsamen Herausforderung. Erklärtes Wettkampfziel ist, in 24 Stunden maximal viele Runden zu absolvieren, bevor die Gesamtsieger in acht Wertungskategorien gekürt werden. Bei Rundengleichheit entscheidet die Durchfahrtzeit auf der letzten gewerteten Runde. Gleichwohl ist neben einer guten Form auch jede Menge Organisationsgeschick gefragt, als da wären: Fahrer- und Sponsorensuche, Trikotentwürfe, Anmeldung, Zelt, Pavillon, Essen- und Getränkeproviant, Camping-Utensilien, Werkzeug, Ersatzteile, Auf- und Abbau u.v.m. Damit der Auftritt reibungslos klappt, will an alles gedacht, organisiert und vorbereitet sein. 

Stimmungsnester - Kulminationspunkte

Am 13. Juli 2024 läutet um 14.00 Uhr der markerschütternde Böllerschuss das traditionelle 24 Stunden Rennen in Kelheim ein. Die 26. Auflage wird die Kreisstadt Kelheim wieder rund um die Uhr zum turbulenten Wettkampfschauplatz verwandeln. Dann ist in der Kelheimer Altstadt sowie am Stausackerer Berg wieder "Remmidemmi" angesagt. Während die Radsportler 24 Stunden lang beharrlich gegen den inneren Schweinehund ankämpfen, versinken derweil die Fans in Jubel, Trubel, Heiterkeit. Das Radsport-Ereignis in der Wittelsbacher Stadt vermengt eine aufsehenerregende Raceatmosphäre und bebende Volksfeststimmung zu einer wundersamen Symbiose, von der Sportler und Zuschauer gegenseitig voneinander profitieren. So machen nicht nur die Rennfahrer mit ihrer grellen Beleuchtung die Nacht zum Tag, sondern viele Fan-Clubs stehen ihnen treu zur Seite und lassen ihre Radsporthelden bis tief in die Nacht nicht im Stich. Tag wie Nacht steppt der Bär. Eine klare Win-Win-Situation für alle Beteiligte. Das ausgelassene Festivalflair hat sich längst herumgesprochen, weswegen der vorauseilende Ruf dieser Wettkampfveranstaltung weit über Bayerns Grenzen bekannt ist. Immerhin wird das 24-Stunden-Rennen bereits seit 1997 veranstaltet, womit es Deutschlands ältestes Radrennen dieser Art ist. 

Von den Sportlern verlangt die ultimative Ausdauerschlacht zähen Kampfgeist und unerschütterliches Durchhaltevermögen, während die Zuschauer aus unmittelbarer Nähe eine lässige Unterhaltungsshow erleben, bei der sie ihre Protagonisten inbrünstig anfeuern und bis weit nach Mitternacht deren Motivation pushen. Obwohl das Augenmerk darauf ausgerichtet ist maximales Leistungpotenzial abzurufen, nimmt der Fahrer die überschwängliche Atmosphäre und euphorische Anteilnahme trotz Extrembelastung zumindest beiläufig wahr. Dass die begeisterten Fans emotional aufgeladen sind und am Streckenrand pausenlos Rambazamba machen ist aller Ehren wert. In der Herzogstadt ist die Feierlaune und das engagierte Anfeuern jedenfalls Kult. Zu den "Halli-Galli-Hotspots" zählen das Bierzelt samt der unmittelbar angrenzenden Wechselzone am Ludwigsplatz sowie der berühmt berüchtigte "Col de Stausacker", wo fast rund um die Uhr gechillte Partyatmosphäre herrscht. Für die Protagonisten selbst spielt sich das Geschehen dagegen am Fahrerlagerplatz, auf der Rennstrecke sowie in der betriebsamen Wechselzone ab.

 Den RSC Kelheim gibt es seit 1986. Hohe Zuwachsraten ließen den Verein zum mitgliedstärksten Radsportverein in Niederbayern anwachsen. Die Idee des 24-Stunden-Radrennens (1997) entstammt von den Vereinsmitgliedern Rudi Eberl und Peter Grabinger. Seither verfolgt die Veranstaltung einen gemeinnützigen Zweck, deren Spendensumme auf 187.000 Euro (bis 2019) anwuchs. Unter Leitung des ehemaligen 1. Vorstands Klaus Roithmeier entwickelte das Lokal-Event zu einem populären Sport-Highlight mit bundesweiter, mithin sogar internationaler Strahlkraft. Seit 2022 leitet Thomas Kellerer als 1. Vorstand die Vereinsgeschicke des RSC Kelheim. 

Bild: alle Achtung, trotz brutaler Qual am Stausackerer Berg huscht ein Lächeln über die Lippen

Nach zweijähriger (Corona-) Zwangspause 2020/2021 und rückläufiger Teilnehmerzahl im Jahr 2022 (800) standen zur 25. Jubiläumsauflage am 8./ 9. Juli 2023 wieder deutlich mehr Teilnehmer am Start (976 Sportler, bestehend aus 162 Staffeln und 166 Einzelfahrer). Die Vorzeichen stehen gut, dass dieses Jahr die Tausendermarke - möglicherweise sogar die Rekordteilnehmerzahl von 2019 (1.150) - geknackt wird. Anmeldestand 15. März 2024: 123 Einzelstarter + 174 Staffeln mit 870 Startern; Gesamteilnehmerzahl: 993. Ein großes Teilnehmerfeld erhöht die Leistungsdichte, was wiederum einen spannenden Rennverlauf erwarten lässt. Vorfreude ist angesagt, zumal Deutschlands ältestes 24 Stunden-Radrennen einen legendären Kultstatus genießt. Deshalb darf Jedermann und Jederfrau dem Race24 erwartungsvoll entgegenfiebern. In diesem Sinne: auf geht’s! Vai, Vai! Allez, Allez! Venga, Venga! 

Die Altstadt gleicht als Dreh- und Angelpunkt des Spektakels einem brodelnden Hexenkessel, d.h. hier spielt im wahrsten Sinne des Wortes die Musik. Auf Kopfsteinpflaster rasen tief geduckte Gestalten in Unterlenkerposition vom Mittertor über die Ludwigstraße und verschwinden im tosenden Bierzelt, nur um am anderen Ende nach dem Stoppbalken total aufgedreht ins oberhektische Fahrerwechselgetümmel zu stürzen und verzweifelt Ausschau nach ihrem Teamkollegen halten. Logisch, dass das Tohuwabohu vis a vis der 7 Meter hohen Mariensäule (Nachbildung von Münchens Patrona Bavariae) massig Zuschauer anlockt. Die knisternde Spannung - wo schweißgebadete Fahrer ihren Teampartnern in Windeseile ihren symbolischen Staffelstab überreichen - schwappt natürlich auch auf die Menschenmenge über. Einzelfahrern bleibt dagegen dieser ganze Heckmeck erspart, da sie solo ihre Bahnen ziehen. Still und leise drehen die "Einzelkämpfer" stoisch ihren 180° Turn, und kurbeln unaufgeregt wieder von dannen. 

Festzelt - Stimmungskracher Nr. 1

In Sachen Stimmung schießt das Bierzelt den Vogel ab. Hier Speichenflitzer, die entfesselt „durchpacen“, dort ausgelassene Festzeltbesucher, die gesellig ihren kulinarischen Gelüsten freien Lauf bzw. sich frisch gezapftes Bier schmecken lassen. Einen krasseren Kontrast, bei dem schweißüberströmte Wettkämpfer und eine vergnügliche Zuschauermenge in Feierlaune auf engstem Raum aufeinandertreffen kann man sich beim besten Willen nicht vorstellen. Und das ist bei weitem noch nicht alles, denn die feuchtfröhliche Biergeselligkeit wird zudem noch von einer Liveband gewaltig angeheizt. 

Bild: Siegerehrung 

Das eigentliche i-Tüpfelchen für die 24 Stunden-Racer ist die sperrgitterbeengte Fahrt durch's Bierzelt, bevor ein dicker Stoppbalken dem unbändigen Vortrieb ein jähes Ende setzt. Inmitten der entfesselten Bierzeltbesucher - goutiert von zünftiger Blasmusik - werden die Hasadeure jedes Mal auf's Neue vom Gänsehautfeeling ergriffen. Freilich überträgt sich die Fetzengaudi unweigerlich auf die rein- und rausströmenden Radsportler, was deren Motivation anstachelt und dem Wettkampf eine überaus gefühlsbetonte Note verleiht. Ein Bierzelt als integrativer Bestandteil eines Radrennens - so eine aufgeheizte Actionshow dürfte deutschlandweit wohl einzigartig sein. Dies bestätigt auch der 1. Vorstand vom Veranstalter RSC Kelheim Thomas Kellerer, der der Mittelbayerischen Zeitung ein Interview gab: „Dieser Hotspot mit den Fans bringt die einzigartige Stimmung und ein Alleinstellungsmerkmal des Rennens“.

Keine Frage, feiernde Zuschauer und hoch konzentrierte Rennteilnehmer bilden einen drastischen Gegenpol. Ohne dem atmosphärischen Brimborium würde der Veranstaltung glatt die "Seele" abhanden kommen. Das eine bedingt das andere, beides gehört zusammen. Nutznießer von der überregionalen Öffentlichkeitswirkung ist sowohl die Tourismusregion im Landkreis Kelheim als auch der RSC Kelheim e.V., der das Event seit 1997 erfolgreich ausrichtet. Dank der gefühlsmäßigen Gemengenlage genießt das Mega-Spektakel in seiner eigentümlichen Art deutschlandweit ein beispielloses Alleinstellungsmerkmal. Nicht zu vergessen der Stausackerer Berg, wo die Fanmeile am Streckenrand unermüdlich ihre Gladiatoren mit wummernder (Rock-) Musik, Kuhglocken und lauten Zurufen anfeuert, um deren letzte Energiereserven zu mobilisieren. Wie dem auch sei, wer als Akteur oder Zuschauer Teil dieses außergewöhnlichen Spektakels sein will und die emotionalen Achterbahnfahrten zwischen Hoch und Tiefs erleben bzw. den Gefühlsstrudel als begeisteter Fan empatisch beobachten möchte, dem sei ins Ohr geflüstert: "Probierst es, dann gspürst es".

Feuer frei!

Der große Shodown für eines der populärsten 24 Stunden Radrennen Deutschlands fällt am Samstag punkt 14.00 Uhr vis a vis des Alten Donauhafens. Dann beginnt die Uhr für die Ausdauer-Cracks zu ticken. Komfortzone ade - ready to rumble! Geballte Power gestählter Beinmuskulatur bringen die Naben und Lager der Rennboliden zum Glühen. Welche Anekdoten bzw. Helden- und weniger heldenhafte Geschichten geschrieben werden weiß zu diesem Zeitpunkt noch keiner. Doch letztendlich beschert die Ungewissheit bzw. Unberechenbarkeit des Renngeschehens eine sagenhaft fesselnde Spannung mit offenem Ausgang. 

Ein Trugschluss wer meint, dass die Startrunde hinsichtlich der Wettkampfdauer kraftschonend mit angezogener Handbremse angegangen wird. Wird das Starterfeld um 14.00 Uhr von der Leine gelassen ist Schluss mit lustig. Jeder möchte seinen Mitstreitern zeigen, wo der Bartel seinen Most holt. Auf Teufel komm raus wird entfesselt zur ersten Kehre gesprintet und gleich beim ersten Anstieg des Tages am "Col de Stausacker" ordentlich Dampf gemacht, zumal auch noch eine 100 € Bergprämie lockt. Binnen Minuten zieht sich der Tross schon einen Kilometer auseinander. Während vorne Pace gemacht wird, rollen (Einzel-) Fahrer im hinteren Feld wesentlich entspannter los. Schon jetzt zeigt sich, wer welche Ambitionen hat. Bereits nach 22 Minuten kommen die ersten Fahrer auf der Alleestraße um's Eck geschossen und pfeilen in voller Schräglage nach einem 90 Grad Winkel-Knick auf wechselndem Straßenbelag (Kopfsteinpflaster) durchs Mittertor. Das Stundenmittel der Elitefahrer beträgt sage und schreibe 43.5 km/h, währenddessen die letzten Nachzügler gut die doppelte Fahrzeit benötigen. Erste Überrundungen gegen Ende der zweiten Runde zeigen, wie weit das Feld bereits nach 45 Minuten auseinandergerissen ist. Spitzenteams schaffen bis zu 58 Runden, die eine Gesamtdistanz von 957 Kilometer mit rund 11.194 Höhenmeter ergeben. Athleten, die mit einer derartigen Performance auftrumpfen, fahren in einer anderen Liga. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die extremen Zeitunterschiede zu einem Gutteil davon herrühren, weil Team- und Einzelfahrer mit konträrer Renntaktik und unterschiedlicher Pace zwar gemeinsam das 24 Stunden Rennen bestreiten, aber getrennt gewertet werden.

Rückt der Startzeitpunkt näher steigt die innere Anspannung im Minutentakt. Im hastigen Getümmel wird auf die Schnelle nervös das Wichtigste gecheckt. Neben Small Talk und Fachgesimpel wünscht man seinem Nebenmann/Frau viel Glück. Bereits zum Auftakt des Rennens geht's volle Lotte ans Eingemachte. Batteln sich in der Auftaktschleife die einen um das ausgelobte Preisgeld fokussieren sich andere darauf, ihr Team von Anfang an in eine aussichtsreiche Position zu lancieren, damit der Kontakt zu schnelleren Fahrern aufrechterhalten bleibt. Dies hat für Teamfahrer deshalb oberste Priorität, weil von Beginn an ein zeitrelevanter Dominoeffekt entsteht. Genauer gesagt wird eine Spirale in Gang gesetzt, die sich von Fahrer zu Fahrer bzw. von Stunde zu Stunde fortplanzt, was einen maßgeblichen Einfluss auf das Renngeschehen und somit auf das Ranking nehmen kann. Je nachdem welche Gruppe erwischt wird, kann die Rundenzeit entweder purzeln oder in die Höhe klettern. Aus diesem Grund macht es Sinn, das leistungsstärkste "Rennpferd" am Start aufzubieten der in der Lage ist Anschluss an schnellere Fahrer bzw. Gruppen zu halten, was wiederum dem Teamkollegen nach dem Fahrerwechsel zugute kommt. Abgesehen davon spielt manchmal auch ein Quäntchen Glück das Zünglein an der Waage. 

Im Gegensatz zu Teamfahrern, die in aller Regel nach jeder Runde eine kurze Erholungszeit haben und sich regenerieren können - sind Einzelfahrer auf sich alleine gestellt, woraus sich naturgemäß eine angepasste Fahrweise bzw. völlig veränderter Rennablauf ergibt. Anstatt ans Leistungsmaximum zu gehen, zielt ihre Taktik vielmehr auf eine beständige Ausdauerleistung ohne Leistungsspitzen. In komoder Gangart wird  sorgfältig darauf geachtet, im sogenannten "Schongang" den Kräfteverschleiß in Grenzen zu halten. Demnach gilt ist es in "Eichhörnchenmanier" möglichst gleichmäßig im aeroben Belastungsbereich ganz unspektakulär Runde um Runde abzuspulen. Je nach Erschöpfungsgrad und Ambitionen werden gelegentliche Powernaps („nap“ bedeutet auf Deutsch „Nickerchen“) eingelegt, um die Leistungsfähigkeit übers gesamte Rennen aufrechtzuerhalten. Das Wichtigste für Einzelfahrer ist nicht zu überpacen oder gar in den Unterzucker (Hungerast) zu fallen, ansonsten droht der Anfang vom Ende. Im schlimmsten Fall kann u.U. keine vollständige Regeneration - bedingt auch durch Schlafmangel -  mehr erfolgen.

Wer Siegambitionen hegt, muss vom Start weg auf Schlagdistanz zur Spitze bleiben, ansonsten geht der Traum ziemlich schnell in Schall und Rauch auf. Auf die Schlüsselrolle des Startfahrers wurde bereits hingewiesen, nämlich unter allen Umständen den Anschluss an Top-Fahrern zu wahren. Generell gilt: je höher der Windschattenanteil in einer schnellen Gruppe, desto schneller die Geschwindigkeit und folglich umso besser die erreichte Rundenzeit. Schließlich ist der Luftwiderstand mit Abstand der größte Widersacher des Radfahrers. Wer wider Erwarten reißen lässt und sprichwörtlich in den Wind gesetzt wird kann eigentlich nur noch Schadensbegrenzung betreiben, um den drohenden Zeitverlust so gering als möglich zu halten. Solofahrten auf der Flachpassage zwischen Essing und Kelheim sind eine nervige Angelegenheit. Fristet man ohne energieeffiziente Schützenhilfe als Solist frustriert sein Dasein wird viel Kraft vergäudet. Verliert man trotz kämpferischen Einsatz nicht nur wertvolle Zeit und womöglich Tempomacher aus den Augen, untergräbt das Malheur zu allem Übel auch die Moral. Andererseits gehört es zur Normalität, dass ein 24 Stunden Radrennen mit extremen Gefühlsschwankungen behaftet ist, die sich von Hochstimmung bis Frustration erstrecken können.

Der Start zum Race24 erfolgt traditionell Samstags 14.00 Uhr auf der Brücke am „Alten Hafen“ von Kelheim (Hienheimer Straße), wo etwa 1.000 filmende/fotografierende Zuschauer neugierig gespannt die Startaufstellung verfolgen, um die Fahrer applaudierend auf ihre Reise schicken. Vom Startpunkt (343 m ü.NN.) aus - der sich 400 Meter westlich der Wechselzone befindet - sind es bis zum Scheitelpunkt am Stausackerer Berg (500 m ü.NN.) fünf Kilometer. Samt kurzem Gegengefälle (23 Tiefenmeter) werden auf diesem Streckenabschnitt 166 Höhenmeter überwunden, während die 11 km lange Restrecke bis zur Wechselzone nur noch 27 Höhenmeter aufweist. Mit Ausnahme der 400 Meter kürzeren Startrunde weist die Originalroute eine Länge von 16.5 km auf (193 hm). Schnittstelle ist die Zeitmessstelle bei Wechselzone, wo die Übergabe des Staffelstabs (Teamfahrer) die nächste Runde einläutet. 

Die Anspannung lässt automatisch den Adrenalinspiegel steigen. Wieso das schmerzlindernde Hormon ausgerechnet in einer gereizten, spannungsgeladenen Situation ausgeschüttet wird hat seinen guten Grund. Nimmt das Gehirn eine Gefahr, Stresssituation (reizbedingte Nervosität) wahr, erhalten die Nebennieren das Kommando, blitzschnell Adrenalin auszuschütten. Der Neurotransmitter wirkt als Botenstoff und gibt das Signal von einer Nervenzelle zur nächsten weiter. Ein solcher Adrenalin-Boost entfaltet seine Wirkung im gesamten Organismus und setzt automatisierte Mechanismen in Gang. Blutdruck und Herzfrequenz steigen, Bronchien und Pupillen weiten sich. Die erhöhte Sauerstoff-Zufuhr versetzt Herz, Lunge, Muskeln und andere Organe in Alarm-Bereitschaft, was z.B. die Reaktionsschnelligkeit erhöht. Dazu wirkt Adrenalin  schmerzlindernd und spornt zu Höchstleistungen an. Der Körper wird vorsorglich in einen Art "Fight or Flight"-Zustand versetzt (Kampf- und Fluchtreflexe entstammen der Evolutionsgeschichte des Menschen). Dieser unwillentlich ausgelöste biochemische Prozess im Körper schafft die optimale Ausgangsvoraussetzung explosiv zu starten. Man fühlt sich leistungsstark mitunter sogar regelrecht unbesiegbar. Der Körper ist vorbereitet. Tschaka, keine Gnade für die Wade. 

Bevor sich das Feld in Bewegung setzt ist beim Countdown unüberhörbar das Einrasten der Schuhplatten in die Klickpedale zu vernehmen. Drei - Zwei - Eins - Rumms! Nachdem der markerschütternde Böllerschuß die Bühne frei gegeben hat, rast die Spitze von jetzt auf gleich los als gäbe es kein Morgen mehr. 24 Stunden werden die bis in die Haarspitzen motivierten Sportskanonen um den Rundkurs peitschen. Dabei gilt generell immer derselbe Grundsatz, möglichst rasch in die Pushen zu kommen und seinen Rennrhythmus finden, damit am Ende eine passable Rundenzeit raus kommt.

Naturgemäß dröselt sich das dichte Starterfeld recht schnell auf. Schon nach wenigen Runden kristallisiert sich eine Rangfolge heraus, deren Konstanz sich mit fortschreitender Renndauer stabilisiert. Schon nach wenigen Umläufen sind die Kräfteverhältnisse unmissverständlich offen gelegt. Die Konkurrenzfähigkeit zeigt wer in der Lage ist, um den Sieg oder Podestplatzierung bzw. Top Ten etc. mitzukämpfen. Die laufend in Echtzeit aktualisierte Ergebnisliste gibt Aufschluss darüber, welche Rivalen einem den Rang streitig machen können bzw. wer sich in unmittelbarer Schlagdistnanz befindet. Je nach Rennverlauf wird gerne taktiert, um sich gegebenenfalls einen etwaigen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.  

Berühmt-berüchtigter »Col de Stausacker«

Dass 24 Stunden-Racer ihren Organismus wie eine Zitrone ausquetschen und alles rausholen was Körper und Psyche zu leisten imstande ist, gilt trotz fehlender Preisgelder gemeinhin als Ehrensache. Der Rundkurs fordert sowohl am gefürchteten „Col de Stausacker“ als auch auf dem Flachstück im Altmühltal - sämtliche Streckenabschnitte werden ausgenommen von den Einzelfahrern normalerweise am Anschlag gefahren - jedesmal einen aufopferungsvollen Einsatz am Rand des Leistungsvermögens. Je nach aktueller Befindlichkeit empfindet man die Runde mal fies oder auch als geil (z.B. schnelle Rundenzeit), wobei ersteres wohl meistens überwiegen dürfte. Wird der Stausackerer Berg zum x-ten Mal schweißtreibend überwunden, stellt sich zu dem Quälgeist nicht selten das Gefühl einer zwiespältigen Hassliebe ein.

Der vermeintlich nie enden wollende Stausackerer Berg hat schon so manches Geschöpf weich gekocht und ihm den Zahn gezogen. Ohne sakrische Selbstüberwindung, unbeugsamer Willensstärke und Leidensfähigkeit sind bei Radrennen noch nie Blumentöpfe, genauer gesagt Pokale gewonnen worden. Man denke nur an das unvergessene Zwiegespräch des sympathischen Ex-Radprofis Jens Voigt (Gesamtbilanz nach 17 Profijahren 875 000 km, davon 57 000 Rennkilometer, 17 x Tour de France). Monsieur Courage - wie der draufgängerische Profi ehrfürchtig von den Franzosen genannt wurde - antwortete 2008 auf die Frage eines Journalisten wie er es immer schaffe sich in den Rennen so brutal zu quälen: "In den schweren Momenten sage ich mir selbst immer: Shut up legs! Do what I tell you." Salopp übersetzt: haltet die Klappe Beine, tut das was ich euch sage. Die Selbstmotivation ist zum geflügelten Wort bzw. zum Titel seiner Sportler-Biografie geworden und trifft uneingeschränkt den Nerv eines jeden Radsportlers.

Es ist ja eine altbekannte Binsenweisheit, dass am Berg viel Zeit gutgemacht oder verloren werden kann. Besonders der Schlussanstieg am Stausackerer Berg hat es in sich. Das Kraut macht aber weniger das Höhenprofil (max. 10% Steigung) als vielmehr die mentale Herausforderung fett. Sind die Beine erst mal angeknockt und fühlt sich der Kopf ausgebrannt an, dann scheint sich der gefürchtete "Col de Stausacker" mit jeder Runde wie ein Kaugummi mehr und mehr in die Länge zu ziehen. Erschwerend kommt hinzu, dass auf der schnurgeraden Strecke der „Sport2000“ Zielbogen schon von weitem im Blickfeld ist, dessen Scheitelpunkt sich selbst bei größter Kraftanstrengung nur in Zeitlupe nähert. Man wähnt sich scheinbar nur im Schneckentempo zu bewegen. Wird am Anschlag gefahren tut es höllisch weh, bevor die abflachende Steigung erlösend die Daumenschrauben wieder lockert. 

Ab der Bergkuppe (Schlüsselstelle für Gruppenanschluss) heißt es wachsam zu sein, denn zwischen dem Streckenzenit auf 500 Meter Höhe bis zur Straßeneinmündung bei Altessing besteht die Chance einen Windschatten zu ergattern und sich an Mitstreiter - im Idealfall bis Kelheim -dranzuhängen. Immerhin beträgt die geschwindigkeitsabhängige Kraftersparnis rund 30 Prozent, wobei der Effekt bei Gegenwind noch höher ausfällt. Wird der rechtzeitge Beschleunigungszeitpunkt verpasst läuft Gefahr, abgehängt bzw. an die "frische Luft" gesetzt zu werden. Effizienter Windschatten verhilft zu guten Rundenzeiten, zumal der Anteil der Gefäll- und Flachpassage (11.5 km) 70% des Rundkurses beträgt. Wer auf der Rollerpassage allein wie Don Quijote verloren gegen Windmühlen ankämpft, dessen Zeitverlust kann im ungünstigsten Fall auf mehrere Minuten anwachsen. Rutscht die Rundenzeit ins Unterirdische, heißt es beim nächsten Mal noch mehr Beißen, um die Scharte auszumerzen. 

Die frenetische Stimmung in der niederbayerischen Donau-Stadt entlang der Feiermeilen-Hotspots, im Bierzelt und der Wechselzone reisst jeden mit. Musik, Gesänge und Anfeuerungsrufe lösen im Eifer des Gefechts Begeisterungsstürme bei den Zuschauern und Motivationsschübe bei den Sportlern aus. Der Zündfunke springt sowohl auf die Fans als als auch auf die schweißgebadeten Rennfahrer über. Eine gefühlsbetonte Wechselbeziehung, die im brodelnden Stimmungskessel das Salz in der Suppe der Veranstaltung ausmacht. Wenn sich die "Gladiatoren" die Kante geben und am Rand der Leistungsfähigkeit auf Biegen und Brechen um Sekunden fighten und keinen Milimeter herschenken, herrscht im Kelheim 24 Stunden lang der absolute Ausnahmezustand. Gäb's ein sensorisches Stimmungsbarometer, dann würde der Pegel wohl durch die Decke gehen. "Da geht's zu wie beim Sechs-Tage-Rennen, nur im Freien", sagt RSC-Ex-Vorstand Klaus Roithmeier: "Dazu trägt sicher auch unser umfangreiches Rahmenprogramm bei, mit Festzelt, Party und mehr...". 

Des einen Freud, des anderen Leid könnte man sagen. Während sich die einen bis zur totalen Erschöpfung verausgaben, bekommen die anderen im Gegensatz dazu eine unterhaltsame und spannende Liveshow - sprich Spektakel - geboten. Der Begriff Spektakel (lateinisch "spectaculum") trifft den Nagel auf den Kopf, da er mit Schauspiel, Augenweide, Anblick, Krach und Lärm ein Ereignis bezeichnet das großes Aufsehen erregt, was für den stimmungsvollen Hexenkessel mit seiner Volksfest-Atmosphäre haargenau zutrifft. Emotionen schlagen jedenfalls sowohl bei den Akteuren als auch Zuschauermassen hohe Wellen.

Wechselzone

Abgesehen vom Stausackerer Berg gilt die Wechselzone gemeinhin als emotionalster Brennpunkt des Rennens. Nirgends sonst lässt sich die Gefühlsachterbahn von himmelhochjauchzender Euphorie bis Niedergeschlagenheit derart gut beobachten wie beim Fahrerwechsel. Das größte Sportevent im Landkreis Kelheim strahlt auch deshalb eine faszinierende Magie aus, weil man aus der Zuschauerperspektive mitten drin als nur dabei ist. Die Wechselzone markiert den Beginn einer jeden neuen Runde, bei der die Zuschauer die unglaublich aufregende Liveshow der Staffelstab-Übergabe aus unmittelbarer Nähe beobachten können. Dabei ergeben sich berührende Gänsehautmomente wie auch belustigende Situationen, wenn die abgekämpften Fahrer mit geschultertem Rad total überhastet den Holzbalken überspringen und im Getümmel gestresst nach ihrem Teamkollegen Ausschau halten. 

In der Wechselzone herrscht stetes Kommen und Gehen wie im Taubenschlag. Knisternde Spannung liegt in der Luft. Um möglichst wenig Zeit zu verlieren ist der Druck groß möglichst schnell seinen Teamkollegen zu sichten. Deshalb herrscht hier andauerndes Geschrei und wildes Gestikulieren, wobei sich mitunter erheiternde Szenen abspielen. Fliegt z.B. der symbolische Staffelstab (i.d.R. eine Trinkflasche) über die Köpfe Wartender hinweg anstatt in der Hand der anvisierten Person zu landen mag das Missgeschick für die Zuschauer eine Belustigung sein, über das die Betroffenen indessen weniger amused sind. 

Der hektische Fahrerwechsel ist ist ein emotionsgeladener - bisweilen auch ein hochdramatischer - Moment, weil die Uhr auch im Stillstand unerbittlich weiter tickt. Findet man seinen Teampartner nicht sofort - was des öfteren passiert - erhöht sich jede Sekunde die Lautstärke um einige Dezibel. Wehe dem der Partner hat verschlafen und lässt einem quasi im Regen stehen - was hin und wider auch vorkommt - dann ist die Kacke am Dampfen. Das ungeduldige Warten auf die "Wachablösung" ist ein sich tausenfach wiederholendes Ritual. Nach der "Staffelstabübergabe" entlädt sich für den schweißüberströmten Ankömmling beim abrupten Touchdown jäh die Nervenanspannung. Der Gestartete hingegen befindet sich im konzentriert-explosiven "Take-off-Modus". Nachdem die Kontaktmatte die Zeitmessung ausgelöst hat, entschwindet er meist unter tosendem Beifallsklatschen dem Bierzelt. In Sprintmanier wird zum Mittertor hoch beschleunigt und wenige Hundert Meter später der Anstieg zum "Col de Stausacker" volle Kanone rauf geheizt. 

Praktisch: auf überdimensional großen Monitoren auf der Ladefläche eines LKW'w können sämtliche Zeiten live mitverfolgt bzw. die jeweiligen Platzierungen je Runde direkt nachvollzogen werden.

Glückshormonflash

Es ist ein Wahnsinnsfeeling, wenn die letzte Runde vor Zielschluß beendet wird und die andauernde Nervenanspannung bzw. Rennhektik schlagartig vorbei ist. Sonntag 14.00 Uhr - Bäääm, der Sack ist zu! Tschaka: das himmlische Paradies auf Erden ist Wirklichkeit geworden. Unfassbare Augenblicke, bei der die gestresste Psyche und der geschundene Körper ihre "Payback-Karte" in Form einer unvergesslichen Glückshormonausschüttung erhalten. Allein für diesen Glücksmoment - bei dem nicht selten Freudestränen fließen - nimmt man die unsägliche Schinderei bis zur totalen Erschöpfung liebend gern in Kauf. Dass man Höhen und Tiefen erlebt, gehört bei 24 Stunden Rennen einfach dazu. Das Happy-End wird als Lohn für die erlittenen Strapazen der extatische Glückshormonflash am Silbertablett serviert. Total erschöpft fällt man seinen Leidensgenossen überglücklich und erleichtert in die Arme und schwört an Ort und Stelle niemals sowas Verrücktes wieder zu tun. Unter Sportlern gemeinhin ein Vorsatz von überschaubarer Dauer, denn die felsenfeste Absicht beginnt wider Erwarten rasend schnell zu bröckeln. Folgenlos bleibt das außergewöhnliche Glücksgefühl mitnichten, denn der Will-Fahren-Reflex dürfte bei fast allen "Überzeugungstätern" auf Wiederholung pochen. 

Startgebühren

Team:

  • bis 28.02.2024 beträgt das Startgeld 400 Euro pro Team
  • bis 30.06.2024 beträgt das Startgeld 500 Euro pro Team

Einzel:

  • bis 28.02.2024 beträgt das Startgeld 150 Euro pro Teilnehmer
  • bis 30.06.2024 beträgt das Startgeld 180 Euro pro Teilnehmer

Online-Anmeldeschluss: 30.06.2024 23:59 Uhr

Startunterlagen

Die Startunterlagen können in Nähe Rathaus am Kelheimer Stadtplatz zu folgenden Zeiten abgeholt werden:

  • Freitag 12.07.2024 von 18:00 – 20:00 Uhr
  • Samstag 13.07.2024 von 09:00 – 12:00 Uhr

Sobald der Startschuß um 14.00 Uhr fällt, heißt es Feuer frei. Bereits auf der Einführungsrunde geht's ans Eingemachte, denn die schnellste Frau/Mann erhält den mit 100€ prämierten "Col de Stausacker-Bergpreis". Gemäß des Schlachtrufs des weltbekannten Boxkampfansagers Michael Buffer: „Let’s get ready to rumble“ nimmt das Spektakel 24 Stunden nonstopp seinen Lauf. Wer sich die kostenlose «Racemap App» auf's Handy lädt kann beim Live-Tracking die Fahrer live mit verfolgen.

Fahrerlager 

Der Veranstalter bietet grundsätzlich extra dafür ausgewiesene Bereiche/Plätze zur Einrichtung von sog. Fahrerlagern an. Strom (durch Verteilerkasten an den jeweiligen Plätzen) und sanitäre Anlagen werden in den offiziellen Fahrerlagern vom Veranstalter zur Verfügung gestellt.

Die Zuteilung der Plätze erfolgt nicht durch den Veranstalter. Das Abtrasieren des Platzes muss von den Teilnehmern selbst organisiert werden und die Fläche pro Team dürfen max. 3 Autoparkplätze entsprechen. Der Veranstalter bittet die Teilnehmer um Einhaltung von Fairplay und mit Maß und Ziel vorzugehen. Zu große oder zu früh abgesteckte Plätze können vom Veranstalter wieder entfernt werden.

Die vom Veranstalter extra zur Verfügung gestellten sanitären Anlagen sind neben den jederzeit nutzbaren öffentlichen Toiletten von Freitagmittag bis Sonntagabend geöffnet.

Öffnung der Fahrerlager

Alter Hafen: Dienstag, 09.07.2024 ab 18:00 Uhr

Aumühle-Parkplatz: Mittwoch, 10.07.2024 ab 18:00 Uhr

Niederdörfl-Parkplatz: Donnerstag, 11.07.2024 ab 18:00 Uhr

Aukofer-Gelände: Freitag, 12.07.2024 ab 18:00 Uhr

++Bayernbike wünscht allen Teilnehmern ein unfallfreies Rennen, starke Beine und ein erfolgreiches Finish!++