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Miserable Aufklärungsquote bei Fahrraddiebstählen

Der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) zufolge wurden 2020 bundesweit 260.956 Fahrräder gestohlen. Allerdings dürfte aufgrund mangelnder Diebstahlsanzeigen die Dunkelziffer weitaus höher liegen. Im Schnitt wechseln mindestens 715 Fahrräder pro Tag in Deutschland unrechtmäßig ihren Besitzer, weshalb der gesamtwirtschaftliche Schaden beträchtlich ist. Demnach erreicht die Entschädigungssumme der Versicherungen für 145.000 gestohle Räder laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) den Rekordwert von 110 Millionen Euro. Addiert man noch den Diebstahlschaden der restlichen 115.956 nicht versicherten Räder hinzu, dann dürfte sich der Gesamtschaden auf rund 200 Mio Euro belaufen.

Trotz geringfügiger Steigerung der Aufklärungsquote von 9,2 Prozent im Vorjahr auf 9,8 Prozent im Jahr 2020 strahlt der dürftige Ermittlungserfolg besorgniserregende Signale aus. Solange die Chancen der Aufklärung im bundesweiten Schnitt bei 1:10 bzw. städte- oder regionsbezogen teilweise gar bei 1:20 liegen, brauchen Diebe keine Furcht zu haben, dass ihnen das Handwerk gelegt wird. 

Als besonders diebstahlgefährdete Tatorte gelten Abstellplätze an Bahnhöfen, Schulen, Bädern, Sport- und Freizeitstätten. Langfinger haben aber auch zunehmend hochwertige Zubehörteile im Visier, dessen Diebesgut sich auf entsprechenden Verkaufsportalen nahezu riskofrei verticken lässt ohne dass die Ganoven befürchten müssen bei ihren kriminellen Machenschaften ertappt zu werden. 

Im elektronischen Informationssystem des Bundeskriminalamts (Inpol), auf das auch die Bundespolizei, der Zoll und die Polizeibehörden der Länder Zugriff haben, sind derzeit zwar fast 1,5 Millionen gestohlene Fahrräder registriert, doch grenzüberschreitend besteht ein großes Manko. Demnach werden Rahmennummern der in Deutschland gestohlenen Fahrräder im gemeinsamen Fahndungsverbund, dem Schengener Informationssystem nicht erfasst, weswegen sie für Ermittlungsbehörden nicht EU-weit abrufbar sind.

Laut Polizeilicher Kriminalstatistik sank die Zahl der gestohlenen Fahrräder 2020 gegenüber dem Vorjahr zwar um sechs Prozent, dennoch blieb die Schadenssumme unverändert bei 110 Millionen Euro. Damit bestätigt sich einmal mehr der anhaltende Trend zu wertigen Fahrraddiebstählen. Mit­ 730 Euro (2019: 720 Euro) erreichte die durchschnittliche Entschädigung der Versicherer einen Höchststand. Aufgrund zweistelliger Wachtumsraten von E-Bikes steht zu befürchten, dass die Schadenssumme vermutlich weiter ansteigen wird. 

Trotz des coronabedingten Fahrradbooms ging die Zahl der Diebstähle im Jahr 2020 leicht zurück. Bundesweit wurden rund 145.000 versicherte Räder gestohlen – 5.000 weniger als 2019, wie die aktuelle Statistik des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zeigt. Den Rückgang sieht nach Ansicht des GDV-Hauptgeschäftsführers Jörg Asmussen in der Folge der Pandemie begründet: „Aufgrund von Corona blieben viele Menschen zu Hause. Die Fahrräder waren seltener im Freien unbeaufsichtigt abgestellt. Somit haben sich auch weniger Gelegenheiten zum Diebstahl eröffnet.“

Der Freistaat Bayern liegt mit 192 Fahrraddiebstähle auf 100.000 Einwohner weit unter dem Bundesdurchschnitt von 314 Fahrraddiebstähle auf 100.000 Einwohner. Auffällig ist ein Nord-Süd-Ost-Gefälle, d.h. die Wahrscheinlichkeit eines Raddiebstahls liegt in den nördlichen bzw. östlichen Bundesländern wesentlich höher als im Süden, wobei die höchsten Diebstahlsquoten Stadtstaaten wie Bremen, Hamburg oder Berlin zu verzeichnen haben. Am häufigsten schlagen Diebe in Städten im Osten und im Norden zu, berichtet das Vergleichsportal Verivox per Pressetext. Traurige Spitzenreiter beim Fahrradklau sind Leipzig (1.539 Fahrraddiebstähle pro 100.000 Einwohner), die "Fahrradstadt" Münster (1.416) und Halle an der Saale (1.243). Auf Rang vier folgt Osnabrück (1.172) sowie auf den weiteren Plätzen die Städte Cottbus (1.102) und Potsdam (902).

Unter den deutschen Großstädten mit über 100.000 Einwohnern ist Remscheid für Radler das sicherste Pflaster hinsichtlich der Diebstähle (55). Der sicherste Landkreis in der Statistik des Bundeskriminalamtes liegt in Bayern. Gerade mal 8 Fahrräder wurden im Landkreis Regen gestohlen. 

Der positive Langzeittrend spiegelt zumindest einen kleinen Lichtblick, da die Zahl der gestohlenen Räder in den letzten Jahren tendenziell gesunken ist. Lag die Zahl der Fahrraddiebstähle Mitte der 90er Jahre teils über 500.000, so waren es im Jahr 2000 noch 391.279 Räder, während sie im Jahr 2019  auf 277.874 sanken.

Versicherungsschutz

Wurde das Fahrrad entwendet sollte der Diebstahl bei der Polizei unverzüglich zur Anzeige gebracht und dem Versicherer gemeldet werden. Hilfreich ist es, Kaufbelege aufzubewahren und die Rahmennummer, Herstellermarke/Modell sowie Fotos parat zu haben. Dies hilft einerseits dem Versicherer bei der Wertermittlung, andererseits kann die Polizei aufgefundene Fahrräder gezielter zuordnen.

Wird ein Fahrrad aus verschlossenen Abstellräumen, Kellern oder Wohnungen gestohlen, springt die Hausratversicherung für den Schaden ein. Außerhalb der genannten Orte (im öffentlichen Raum) bedarf es einer Zusatzklausel in der Hausratpolice. Dabei gilt jedoch grundsätzlich, dass das Rad stets durch ein verkehrsübliches Schloss gesichert sein muss. 

Wer entsprechend versichert ist, dem wird im Diebstahlsfall der sogenannte Wiederbeschaffungswert erstattet. Der Betrag bemisst sich danach, wie viel ein neues gleichwertiges Rad kostet. Da die Höchstentschädigung in der Regel auf einen bestimmten Prozentsatz des gesamten versicherten Hausrates festgelegt wird ist es speziell für höherpreisige Räder und E-Bikes ratsam, entweder die Versicherungssumme zu erhöhen oder eine spezielle Fahrradversicherung abzuschließen.

Absperrschlösser

Radfahrer können einiges dazu beitragen, um das Leben von Rad-Dieben zu erschweren. Mit zum wirkungsvollsten Diebstahl-Schutz gehören robuste Bügel- oder Panzerkabelschlösser. Dabei ist auf „geprüfte Qualität“ und hochwertiges Material, wie gehärtetem Spezialstahl, sowie massive Schließsysteme zu achten. Nützliche Infos und Tipps bietet der Verband Schadensversicherer (VdS), der geprüfte Zweiradschlösser in die Klassen A (Fahrräder) und B (Motorräder) einstuft. Das Gütesiegel VdS steht für Qualität und Zuverlässigkeit, da geprüfte Schlösser in den VdS-Laboratorien umfangreiche und strenge Tests durchlaufen haben. Wer beim Kauf eines Fahrradschlosses nur nach dem Preis und nicht auf die Qualität achtet, spart womöglich am falschen Ende. Als Faustregel gilt: 5 bis 10 Prozent des Fahrrad-Neupreises sollte dem Besitzer ein Schloss schon wert sein. 

Im Schnitt wird in Deutschland alle 90 Sekunden ein Fahrrad geklaut. Professionell organisierte Diebesbanden haben technisch wie logistisch aufgerüstet und knacken selbst widerstandsfähigste Falt- und Bügelschlösser in Sekundenschnelle. Gegen brachiales Brechwerkzeug wie Bolzenschneider oder hydraulische Scheren ist leider kaum ein Kraut gewachsen.

Fahrräder werden längst nicht mehr nur im öffentlichen Raum gestohlen, sondern die Diebe brechen skrupellos in Kellerräume, Garagen und Zweiradgeschäfte ein. Im Fokus stehen dabei vor allem teure Zweiräder. Ob edle Rennräder, Mountainbikes, Citybikes oder E-Bikes – geklaut wird alles, was sich später meist über Onlinekanäle gut veräußern lässt. 

Berlin, Köln, Hamburg, Düsseldorf, Freiburg, München, Regensburg, Karlsruhe oder Münster: Wo viel geradelt wird, werden vorzugsweise in der Radsaison auch viele Räder gestohlen. Aber nicht nur dort, sondern auch in ländlichen Gebieten sind Zweiräder alles andere vor den Langfingern sicher. Diese Tatsache wurde bekant, als erstmals eine Datenauswertung zu Fahrrad-Diebstählen auf dem Land erfolgte. Das Landkreis-Ranking offenbarte ein erhöhtes Diebstahlsrisiko vor allem dann, wenn der Landkreis an eine benachbarte städtische Klau-Hochburg grenzt. Kaum zu glauben, aber die Diebstahlsrate in den betroffenen Landkreisen bewegt sich tatsächlich auf Großstadt-Niveau. 

Laut Polizeistatistiken zählt die miserable Aufklärungsquote von weniger als 10% mit zur niedrigsten aller Delikte. In manchen Bundesländern bzw. Stadtstaaten liegt sie gar unter 5%. Die Chancen sein Rad wieder zurück zu bekommen stehen im Schnitt also bei 1:10 bzw. in manchen Gegenden sogar nur 1:20. Alarmierend, wenn bundesweit nur jeder zehnte Täter gefasst wird, was die kriminellen Machenschaften sicher nicht eindämmt. Einfache Beutezüge, hohe Profite und geringes Fahndungsrisiko sind Faktoren die Fahrraddiebstähle eindeutig begünstigen. Ganoven haben eine strafrechtliche Verurteilung kaum zu befürchten, d.h. ein Abschreckungseffekt besteht schlicht und ergreifend keiner.

Eine beängstigende Entwicklung, der sich Zweiradbesitzer ohnmächtig ausgeliefert fühlen. Insofern kein Wunder, wenn die Bevölkerung der kriminalpolizeilichen Ermittlungsarbeit wenig Vertrauen schenkt. Immer mehr Geschädigte handeln deshalb in Eigenregie und versuchen ihre gestohlenen Räder über Webportale wie www.fahrrad-gestohlen.de oder Facebook-Seiten wie  „<Stolen Bikes Berlin> wieder aufzustöbern. Wie dreist und unerschrocken Diebe agieren zeigt ein prominentes Beispiel: dem Bundestagsabgeordneten Christian Ströbele wurde trotz videoüberwachten Platz vor dem Kanzleramt sein Rad geklaut. Ströbele wandte sich nicht an die Polizei sondern schlauerweise an Fahrradkuriere, denen er einfach ein Flugblatt samt Fahndungsfoto in die Hände drückte. 3 Tage später kam telefonisch die erlösende Nachricht, dass Kuriere sein Rad auf einem Flohmarkt in Kreuzberg sichteten. Für einen Bagatellbetrag kaufte er dann sein eigenes Rad zurück.

Die Polizei begründet die dürfigte Aufklärungsquote mit Personalmangel und Delikt-Prioritäten, wo Fahrraddiebstahl nur nachrangig eingestuft ist. Dazu der ADFC – Vorsitzende Ulrich Syberg (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub): „Radklau ist ein Massendelikt, das der Staat allerdings bagatellisiert“. Dass akuter Handlungsbedarf besteht, steht außer Zweifel. Insofern ist die Politik gefordert, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um der Lage Herr zu werden. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundesfraktion Burkhard Lischka aus Magdeburg fordert Informationen zentral zu erfassen und auszuwerten, weil man es zunehmend mit gut organisierten Banden zu tun hat: „Nur so lassen sich bandenmäßige Strukturen, regionale Schwerpunkte, Tatmuster und Absatzwege erkennen“. Auch andere Politiker sind der Meinung, dass die Koordinierungsstelle <Organisierte Kriminalität> beim Bundeskriminalamt signifikant ausgebaut und personelle Kapazitäten mindestens verdoppelt gehören.

Dass die Polizei in manchen Regionen vor dem massenhaften Raddiebstahl mittlerweile regelrecht kapituliert gesteht ein Berliner Ermittler: „Wir können Fahrraddiebstahl nur noch verwalten“. Die Ermittlungsarbeit vor Ort erschöpft sich im Anlegen eines Aktenzeichens sowie ein Standardschreiben an die Geschädigten mit dem Hinweis, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde. Dort heißt es in dem Formular: "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass diese Meldung aus Rationalisierungsgründen nicht unterschrieben ist“. Eine Tatbestandsaufnahme geschweige Spurensicherung am Tatort fällt dem Personalmangel – sprich Rotstift - zum Opfer was Radfahrer sehr beunruhigt.

Trotz der geringen Aufklärungsquoten gibt es im Bundesgebiet erhebliche Unterschiede. In Thüringen wird immerhin knapp jeder sechste Diebstahl aufgeklärt (17,9 Prozent), in Bayern jeder siebte (14,9 Prozent), währenddessen die Aufklärungsquoten in den Städten Bremen (5,70 Prozent), Berlin (4,70 Prozent) und Hamburg (4,0 Prozent) am niedrigsten sind. 

Tipps der Polizei

  • Das Rad generell an festen Gegenständen (z.B. stabile Geländer, Lampen) anschließen 
  • robustes U-Schloss oder Faltschloss aus Metall verwenden 
  • Nach einem Diebstahl sofortige Anzeige erstatten (Marke, Modell, Rahmennummer )
  • Radbild ist hilfreich
  • Spezielle Codierung (Händler oder Polizei)
  • beim gebrauchten Radkauf Vorsicht walten lassen; vom Verkäufer Ausweiskopie machen und Kaufvertrag unterzeichnen

Ratgeber der Polizei

Auch der Fahrradpass, mit dem Geschädigte eines Fahrraddiebstahles der Polizei wichtige Daten - sprich Ermittlungsansätze - liefern können, ist eine hilfreiche Maßnahme, Dieben leichter auf die Spur zu kommen. Der Fahrradpass ist in Papierform bei den meisten Polizeidienststellen erhältlich. Smartphone-Nutzern steht die kostenlose "Fahrradpass"-App zum Download zur Verfügung:

Am sichersten stellt man sein Rad an einem videoüberwachten Platz bzw. Fahrradparkhaus ab. Wird ein Rad tagelang an derselben Stelle abgestellt, lädt es Langfinger zum Diebstahl ein.  

Präventivmaßnahmen

  • Fahrrad grundsätzlich immer - wenn möglich an fest verankerte Gegenstände wie Fahrradständer - abschließen 
  • Fahrrad nicht tagelang an derselben stehen lassen
  • Belebten (nachts beleuchteten) Abstellort wählen 
  • Robustes Schloss, ggf. auch zwei Schlösser benutzen 
  • Fahrrad an Vorder- und Hinterrad einschließlich Rahmen absperren

Wer sein Rad von der Polizei oder Vereinen wie dem ADFC codieren lässt, schreckt Langfinger womöglich von ihrem widerrechtlichen Vorhaben ab.   Hierbei wird das Fahrrad mittels Gravur am Rahmen unterhalb des Sattels codiert (Zahlen- und Buchstabenkombination), was einen eindeutigen Rückschluss auf den Eigentümer zulässt. Ein entsprechender Aufkleber erhöht die abschreckende Wirkung. 

 HUK-Ratgeber