Fahrradklimatest 2020 

Der allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e. V. (ADFC) führte 2020 zum neunten Mal den ADFC-Fahrradklima-Test durch. Weltweit gilt die Befragung zum Radfahrklima als größte ihrer Art. Gefördert wird dies vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP). Die Umfrage spiegelt alle zwei Jahre ein Stimmungsbild der Radfahrer in Deutschland wider, wie es um die Fahrradfreundlichkeit in Deutschlands Städten und Gemeinden bestellt ist. Demzufolge beurteilt der Befragtenkreis, wo Städte beim Radklima punkten bzw. wo etwaiger Nachgebesserungsbedarf besteht. Die gebündelten Alltagserfahrungen zeigen politischen Mandatsträgern konkret erforderlichen Handlungsbedarf auf. Überdies offenbart das Stimmungsbarometer im Ergebnisvergleich mit früheren Umfragen Stimmungsschwankungen, die die Einschätzung über die örtliche Entwicklung der Rad-Infrastruktur widergibt.

Die Ergebnisse - und damit auch die Gewinner - des ADFC-Fahrradklima-Tests 2020 stehen fest. 230.000 Radfahrende bundesweit hatten über die Fahrradfreundlichkeit von 1.024 Städten abgestimmt, mehr als jemals zuvor.

Am 16. März 2021 präsentierte der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) die Ergebnisse. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zeichnete 25 Städte aus: Die Erstplatzierten und die stärksten Aufholer seit der letzten Befragung. Dazu erhielt Berlin einen Sonderpreis, da sich die Haupstadt seit der Corona-Pandemie besonders intensiv für den Radverkehr engagiert hat. Neu unter den Spitzenreitern ist Frankfurt / Main, während Karlsruhe seinen 1. Platz vor Münster behauptet und Wiesbaden zum zweiten Mal Top-Aufsteiger ist. 

Ergebnistabelle Corona-Sonderbefragung, ADFC-FK-Test 2020

Teilnehmer der Video-Pressekonferenz:

  • Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur
  • Ulrich Syberg, ADFC-Bundesvorsitzender
  • Rebecca Peters, ADFC-Vizebundesvorsitzende
  • Zugeschaltet: Vertreterinnen und Vertreter der ausgezeichneten Städte

Wesentliche Kritikpunkte

- Die Zufriedenheit der Radfahrenden bleibt auf niedrigem Niveau (Schulnote 3,9)

- 80 Prozent der Befragten finden die Radwege zu schmal

- Für 75 Prozent sind mangelnde Falschparker-Kontrollen auf Radwegen ein Problem

- 69 Prozent fühlen sich beim Radfahren nicht sicher

Die wichtigsten Kritikpunkte prangern Unzulänglichkeiten wie schmale Fahrbahnbreiten der Radwege (Note 4,7) sowie zugeparkte Radwege an. Wie in der Vergangenheit wird das Sicherheitsgefühl im Straßenverkehrvon von 69 Prozent der Befragten nach wie vor negativ bewertet (Note 4,2). Dabei zählt die gefühlte Sicherheit zu einer der wichtigsten Schlüsselfaktoren überhaupt, da es letztlich darüber entscheidet ob sich Menschen grundsätzlich für oder gegen das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel entscheiden.

Auch die schlechte Führung von Radwegen an Baustellen (4,7) und die fehlenden Kontrollen von Falschparkern auf Radwegen (4,8) ist Radfahrern ein Dorn im Auge, weswegen beides mit mangelhaft bewertet wird.

Positiv beurteilt wurde hingegen die schnelle Erreichbarkeit von Stadtzentren (2,9), die Öffnung von Einbahnstraßen für Radfahrende in Gegenrichtung (3,0) sowie die Radnutzung aller Altersklassen (3,1). 

Der Fahrradclub ADFC und das Bundesverkehrsministerium rufen Länder und Kommunen deshalb auf, jetzt zügig das Geld aus dem „Sonderprogramm Stadt und Land“ und aus dem Förderprogramm „Radnetz Deutschland“ für den flächendeckenden Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur zu nutzen.       

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer: Fahrradland wird Realität

Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur: „Das Fahrrad ist so viel mehr als nur ein Fortbewegungsmittel. Ich will, dass Radfahren wieder viel öfter Energie, Genuss, Lebensfreude wird. Deutschland Fahrradland ist keine Phantasie, sondern wird immer mehr zur Realität. Mit unserer Radverkehrsoffensive unterstützen wir die Länder und Kommunen dabei, den Radverkehr spürbar zu verbessern. Das ist eine Riesenchance und der Fahrradklimatest zeigt, dass wir sie schnellstmöglich ergreifen sollten. Das Geld ist da: Bis 2023 stellen wir die Rekordsumme von 1,46 Milliarden Euro bereit. Mit unserem Sonderprogramm Stadt und Land unterstützen wir die Länder und Kommunen z.B. beim Bau von Radwegen, Radwegebrücken, Unterführungen und fahrradfreundlichen Kreuzungen, damit Radfahren sicher und entspannt möglich ist. Unsere Stiftungsprofessuren sollen außerdem helfen, dass wir mehr Radexperten bekommen – auch bei den dringend benötigten Verkehrsplanern.“

ADFC-Vizebundesvorsitzende Rebecca Peters ergänzt: „Seit Corona ist überdeutlich geworden: Die Menschen in Deutschland wollen mehr Radfahren – und zwar auf guten, breiten Radwegen. Häufige Alltagserfahrung ist aber immer noch: Radwege sind zu schmal, zugeparkt oder durch Baustellen unterbrochen. Dass Städte nicht Jahrzehnte brauchen, sondern auch schnell fahrradfreundlicher werden können, zeigen Frankfurt am Main, Berlin und Düsseldorf. Wir brauchen jetzt flächendeckende Radwegenetze im ganzen Land. Das Fenster der Gelegenheit ist sperrangelweit offen!

Den Sonderpreis als Großstadt, die seit Corona am meisten für den Radverkehr getan hat, räumte Berlin ab. 80 Prozent der Befragten sahen hier eindeutige Signale für mehr Fahrradfreundlichkeit während der Corona-Zeit. Schlusslichter in den jeweiligen Größenklassen sind Köln (4,4), Duisburg (4,5), Hagen (4,9), Lüdenscheid (5,0), Kulmbach (4,7) und Schiffweiler (4,9).

Sieger des ADFC-Fahrradklima-Test 2020 

In der Kategorie Aufholer werden folgende Städte mit den stärksten Verbesserungen gegenüber dem letzten ADFC-Fahrradklima-Test ausgezeichnet: Frankfurt / Main (von 3,9 auf 3,7), Wiesbaden (von 4,4 auf 3,9), Würzburg (von 4,3 auf 4,1), Böblingen (von 4,3 auf 3,6), Landau / Pfalz (von 4,2 auf 3,6) und Gaildorf (von 4,2 auf 3,5). Den Sonderpreis als Großstadt, die seit Corona am meisten für den Radverkehr getan hat, erhält Berlin. 80 Prozent der Befragten sahen hier handfeste Signale für mehr Fahrradfreundlichkeit während der Corona-Zeit. Schlusslichter in ihren Größenklassen sind Köln (4,4), Duisburg (4,5), Hagen (4,9), Lüdenscheid (5,0), Kulmbach (4,7) und Schiffweiler (4,9).  

Absoluter Spitzenreiter bei den Städten über 500 000 Einwohnern ist Bremen (3,57). Die Befragten lobten besonders das Verkehrsklima, die Infrastruktur und die Erreichbarkeit der Innenstadt. Auf die Plätze zwei und drei folgen Hannover (3,67) und, als Aufsteiger, Frankfurt am Main (3,72). Weitere signifikante Verbesserungen erzielten Wiesbaden, Würzburg, Böblingen, Landau und Gaildorf in Baden-Württemberg. Schlusslicher mit den schlechtesten Noten in ihren jeweiligen Größenklassen wurden Köln (4,4), Duisburg (4,5), Hagen (4,9), Lüdenscheid (5,0), Kulmbach (4,7) und Schiffweiler (4,9).Die meisten Städte verbesserten sich

Rang mehr als 500.000 Einwohner Gesamtnote

1 Bremen 3,57

2 Hannover 3,67

3 Frankfurt am Main 3,72  - stark verbessert (zuvor: 3,9) – löst Leipzig ab

Rang 200.000 bis 500.000 Einwohner Gesamtnote

1 Karlsruhe 3,07 

2 Münster 3,17

3 Freiburg im Breisgau 3,35

Rang 100.000 bis 200.000 Einwohner Gesamtnote

1 Göttingen 3,27

2 Erlangen 3,29

3 Heidelberg 3,53  -  löst Oldenburg ab

Rang 50.000 bis 100.000 Einwohner Gesamtnote

1 Nordhorn 2,64  - löst Bocholt – deutlich verschlechtert (zuvor: 2,4) ab

2 Bocholt 2,82

3 Konstanz 3,18

Rang 20.000 bis 50.000 Einwohner Gesamtnote

1 Baunatal 2,39

2 Meckenheim 2,65

3 Westerstede 2,98 - erstmals im Ranking, löst Rees ab

Rang bis 20.000 Einwohner Gesamtnote

1 Wettringen 1,96

2 Reken 2,10

3 Rutesheim 2,22  – deutlich verbessert (zuvor: 2,6) – löst Heek ab.     

Städteranking für Orte mit mehr als 500.000 Einwohnern

Gerade bei den Großstädten über 500 000 Einwohner ist die Bilanz insgesamt positiv. Bis auf Dresden und Bremen verbesserten sich alle Metropolen leicht, in München, Berlin, Stuttgart und Düsseldorf erkannten die Befragten "Signale für mehr Fahrradfreundlichkeit". Zu dieser Entwicklung hat die Corona-Pandemie beigetragen; aus Angst vor Ansteckung weichen viele Menschen auf das Fahrrad aus. Viele Kommunen haben darauf reagiert und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssituation vorangetrieben, etwa die Errichtung von Pop-up-Radwegen, Fahrradstraßen oder verkehrsberuhigten Zonen. Was die Verbesserungen der Infrastruktur seit Beginn der Corona-Pandemie geht, ist das Urteil der Befragten aber vernichtend: Egal wie groß die Stadt ist, im Schnitt lag die Gesamtnote bei 5,0.

Rang Ortsname Gesamtnote

1       Bremen 3,57

2       Hannover 3,67

3       Frankfurt am Main 3,72

4       München 3,84

5       Leipzig 3,85

6       Dresden 4,02

7       Hamburg 4,10

8       Düsseldorf 4,12

9       Berlin 4,14

10     Nürnberg 4,15

11     Stuttgart 4,16

12     Essen 4,22

13     Dortmund 4,35

14     Köln 4,37

Ergebnistabelle gesamt, ADFC-FK-Test 2020

Lob für Pop-up-Radwege und Fahrradstraßen

Viel Lob gab es für Pop-up-Radwege und Fahrradstraßen

Außer Dresden und Bremen haben sich alle Großstädte über 500.000 Einwohner beim ADFC-Fahrradklima-Test 2020 gegenüber 2018 ganz leicht verbessert (4,08 auf 4,02). In Berlin, München, Stuttgart und Düsseldorf bemerkten die Radfahrenden „handfeste Signale für mehr Fahrradfreundlichkeit“ in der Corona-Pandemie. Dazu zählen konkrete Maßnahmen wie die Einrichtung von Pop-up-Radwegen, Fahrradstraßen, verkehrsberuhigten Zonen oder Pollern zum Schutz gegen Durchgangsverkehr. In Düsseldorf und Frankfurt lobten die Radfahrenden auch die bessere Kontrolle von Falschparkern auf Radwegen.

Radwege zu schmal und zugeparkt, Sicherheitsgefühl fehlt

80 Prozent der Befragten gaben an, dass sie die Radwege in ihrer Stadt oft als zu schmal empfinden (Note 4,7). Auch die schlechte Führung von Radwegen an Baustellen (4,7) und die fehlenden Kontrollen von Falschparkern auf Radwegen (4,8) bewerten sie als mangelhaft. Positiv beurteilt wurde die schnelle Erreichbarkeit von Stadtzentren (2,9), die Öffnung von Einbahnstraßen für Radfahrende in Gegenrichtung (3,0) sowie die Radnutzung aller Altersklassen (3,1). Negative Bewertungen gab es wie in den letzten Jahren für das Sicherheitsgefühl im Straßenverkehr (Note 4,2). 69 Prozent gaben an, sich beim Radfahren nicht sicher zu fühlen.

Corona-Boom ja, aber nicht bei der Infrastruktur

Zwei Drittel der Radfahrenden gaben an, dass Corona die Bedeutung des Fahrrads gesteigert habe. Das bestätigen auch die Verkaufszahlen im Fahrradhandel mit Umsatzsteigerungen von rund 60 Prozent im vergangenen Jahr. An den städtischen Zählstellen wurden seit Ausbruch der Pandemie deutlich mehr Radfahrende gezählt. Handfeste Verbesserungen für den Radverkehr während der Corona-Pandemie sahen die meisten Befragten allerdings nicht (Gesamtnote 5,0). Positiv schnitten hier nur die Großstädte über 500.000 Einwohner ab.   

Ernüchterndes Fazit: "So hart das klingt: Corona hat zwar eine Welle der Berichterstattung über das Fahrradfahren gebracht", fasst es Rebecca Peters vom ADFC zusammen. "Aber reale Verbesserungen bei der Infrastruktur erleben die Radfahrenden weiterhin nicht."

Zahlen und Fakten zum ADFC-Fahrradklima-Test

Der ADFC-Fahrradklima-Test ist die größte Umfrage zur Zufriedenheit der Radfahrenden weltweit. Er wird vom Fahrradclub ADFC alle zwei Jahre mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums durchgeführt und fand 2020 zum neunten Mal statt. Rund 230.000 Radfahrerinnen und Radfahrer haben in diesem Durchgang abgestimmt. Davon sind nur 15 Prozent sind ADFC-Mitglieder. 1.024 Städte kamen in die Wertung – mehr als jemals zuvor. Von September bis November 2020 konnten interessierte Bürgerinnen und Bürger auf www.fahrradklima-test.adfc.de an der Umfrage teilnehmen. Gefragt wurde beispielsweise danach, ob man sich auf dem Rad sicher fühlt, wie gut die Radwege sind und ob die Stadt in Zeiten von Corona das Fahrradfahren besonders gefördert hat. Damit fundierte Ergebnisse erzielt werden können, müssen pro Stadt mindestens 50, bei größeren Städten mindestens 75 bzw. 100 Abstimmungsergebnisse vorliegen. Die Ergebnisse des Tests haben durch die breite Bürgerbeteiligung hohe Aussagekraft und können Kommunen helfen, das Angebot für Radfahrende gezielt zu verbessern. (Quellle: PM, ADFC)

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