Leistungsspirale

In unserer leistungsorientierten Gesellschaft sind Eigenschaften wie Willensstärke, Selbstdisziplin, Durchhaltevermögen und Ehrgeiz im Berufsleben wie im Sport gefragt. Jeder Hobbysportler verfolgt seine eigenen Ziele, weswegen die Leistungsorientierung je nach Motivation sehr unterschiedlich ausfällt. Die einen betreiben der Gesundheit, Fitness und dem Erlebnisspaß zuliebe entspannt Freizeitsport, andere loten ihre körperlichen Grenzen bei Sportveranstaltungen bzw. Wettkämpfen aus. Triebfeder ist die Leidenschaft, die zu Höchstleistungen anspornt und dem Bedürfnis nach Selbstverwirklichung, Selbstbestätigung und innerem Ausgleich nachkommt. Wie im Spitzensport, powern sich ambitionierte Hobbysportler nicht minder bis zu ihrem Leistungslimit aus, wenngleich auf niedrigerem Niveau. 

Medikamentenmissbrauch im Alltag und im Sport

Arzneimittelmissbrauch kann im weitesten Sinn als zweckentfremdeter Gebrauch von Medikamenten ohne medizinische Notwendigkeit definiert werden. Genau genommen beginnt der Missbrauch bereits im Alltag, wo Schüler, Studenten und Berufstätige bedenkenlos Amphetamine (Aufputschmittel), Tranquilizer (Beruhigungsmittel) und Psychopharmaka schlucken, um durch deren Wirkstoffkombination von Koffein, Taurin, Ritalin etc. die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, Belastbarkeit - kurzum die kognitive Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Amphetamine steigern Wohlbefinden, Ausdauer, Auffassungsgabe, Erinnerungsvermögen, Stressresistenz, beseitigen Müdigkeit und hellen die Stimmung auf. Das Bedürfnis gut auszusehen und gut drauf zu sein ist in unserer dynamisierten Wohlstandsgesellschaft allgegenwärtig. So verwundert es kaum, dass selbst unsportliche Schüler ohne groß über etwaige Nebenwirkungen nachzudenken freimütig anabole Steroide konsumieren.

Doping bzw. Medikamentenmissbrauch zum Zwecke der Leistungssteigerung wird gesellschaftlich geschasst und rechtlich sanktioniert. Während einerseits wohlfeile Empörung herrscht, gilt das sogenannte "Alltags-Doping" kurioserweise eher als hipp und dem modernen Zeitgeist entsprechend denn als anstössig. Auffällig die breite Aktzeptanz in der Bevölkerung, mit der dem "Alltags-Phänomen" begegnet wird. Im Stress zu sein gilt als chic, schließlich leistet der Gestresste viel was ihm einen unersetzlichen "Wichtigkeitsstatus" beschert - soweit die allgemeine Auffassung. Um im Alltag leistungsfähiger zu sein werden Stresshemmer, Aufputscher und/oder Stimmungsaufheller gelutscht und geschluckt. Wird Medikamentenmissbrauch im Leistungssport also auf der einen Seite verteufelt ist dieser im Alltag dagegen "salonfähig". Eine gewisse Doppelmoral ist offensichtlich, wobei die kritiische Selbstreflektion in beiden Fällen unter den Tisch fällt. Nachvollziehbar, denn die Realität über gesundheitliche Konsequenzen wäre unbequem, d.h. keiner will wahrhaben was am Spiel steht.

Die Größenordung ist gigantisch: laut Gesundheitsreport der Deutschen Angestellten-Krankenkasse („DAK-Gesundheit“) verwenden schätzungsweise bis zu fünf Millionen Beschäftigte zeitweise rezeptpflichtige Medikamente (bezogen auf das Jahr 2015). Ein Missbrauch dieses Ausmaßes iegt den Schluss nahe, dass die Gesellschaft krankt.

Damit steht fest: weder Alltagsdoping noch Doping im Breitensport ist eine neuzeitliche Randgruppen-Erscheinung. Der Mainzer Psychiater Professor Klaus Lieb geht davon aus, dass rund zwei Millionen Deutsche „Hirndoping“ betreiben. Mangels Studien existieren sowohl über diese gesellschaftliche Fehlentwicklung als auch der medikamentösen Leistungssteigerung nur spärliche Daten und Fakten. Die folgenden Zahlenbeispiele sind deshalb mehr als Größenordnung denn als gesicherter statistischer Wert zu verstehen. 

Über den Medikamentenkonsum im Breitensport äußerte sich im Rahmen eines Symposiums in Berlin (2011) der Präsident des Deutschen Olympischen Sport-Bundes (DOSB) Thomas Bach: "Was Doping im Spitzensport ist, ist Medikamentenmissbrauch im Freizeitsport und anderen gesellschaftlichen Bereichen". Studien zur Folge gelten 1,5 Millionen Menschen in Deutschland als medikamentenabhängig, Über den Missbrauch von Medikamenten in der Bildungs- Sport- und Arbeitswelt gibt es aufgrund lückenhafter Datenbasis keine genaueren Zahlenangaben. Nach Ansicht des ehemaligen Sportausschuss-Vorsitzenden des Bundestages, Peter Danckert übertrifft die Medikamenten-Manipulation im Breitensport das Phänomen des Dopings im Spitzensport. Die Folgen, "von denen wir bisher nur eine ganze schwache Ahnung haben", sprengen laut Danckert von den Kosten her Milliardengrenzen. Die Relation ist gewaltig, da Millionen von Hobbysportler nur etwa 7000 Profisportlern gegenüberstehen. Einer Umfrage (2010 bis 2015) von Statista in Hamburg zufolge "gab es rund 11,18 Millionen Personen in Deutschland, die mehrmals wöchentlich Sport trieben". 

Ob Leichtathletik, Fußball, Tennis, Lauf- Kraft- Radsport, Triathlon, Gewichtheben - die Liste der Sportarten in denen fleißig gedopt wird ließe sich beliebig fortsetzen. Experten wie Mischa Kläber gehen davon aus, dass in Deutschland über eine Million Menschen regelmäßig zu verbotenen leistungssteigernden Mitteln greifen.  

Wessen (Sportler-) Leben auf "Sieg" gepolt ist und beharrlich arbeitend ständig besser sein möchte als andere kommt mit überzogenen Ansprüchen und Versagensängsten physisch wie psychisch irgendwann unter die Räder. Unproblematische Medikamentenbeschaffung i.V. mangelnder Kontrollpraxis stellen dem Missbrauch von Arzneimitteln nicht gerade unüberwindbare Hürden in den Weg. Dopen“ oder nicht dopen - das ist die Frage. Wer weiß, wie viele Hobbysportler sich über das Für und Wider leistungserhöhender Wirkungen insgeheim hin und her gerissen fühlen. Letztlich eine Charakterfrage, wer den pharmazeutischen Verlockungen erliegt. Spätestens seit dem unsäglichen Dopingskandal um den spanischen Arzt Fuentes Ende der 90 er Jahre ist das Ausmaß und die Professionalität, mit denen Doping im Hochleistungssport betrieben wird auch der breiten Öffentlichkeit bekannt. Solange die olympische Maxime höher, schneller "vergoldet" wird, ist der Reiz zu unterlaubten Methoden ungebrochen.

Bös, wer Böses dabei denkt, aber Doping ist keineswegs nur ein Phänomen erfolgshungriger Profisportler. Körperkult, Fitnesswahn, Dauerstress und Medikalisierung sind längst inmitten unserer Leistungsgesellschaft angekommen. Deswegen sind selbst breitensportliche (Höchst-) Leistungen - speziell im Kraft- und Ausdauersport - argwöhnisch zu beäugen inwieweit sie auf natürliche Art und Weise zustande kamen. Dass im Hinblick ohne Siegprämien bzw. Sponsoring sowie ohne prominenter Bühne im Breitensport trotzdem rege zu schmerzlindernden bzw. leistungssteigernden Mitteln gegriffen wird erscheint gelinde gesagt irrational.

Kehrseite der Medaille: "saubere" Athleten stehen als Dumme da und müssen sich womöglich für ihre erbrachten Leistungen rechtfertigen um als nicht als Sündenbocke dem Generalverdacht zu unterliegen.

Problematische Abgrenzung 

Ab wann eine Medikamenten-Manipulation den Tatbestand des Doping erfüllt ist auch davon abhängig, ob es sich um Profi- oder Breitensportler handelt. Es ist schier unmöglich eine scharfe Abgrenzung wegen des herrschenden „Graubereichs“ zu ziehen. Medikamentenmissbrauch und Doping bilden eine Schnittmenge, d.h. der Übergang von "erlaubt" und "unerlaubt" ist fließend. Hinzu kommt, dass im Gegensatz zum Profisport für den Breitensport keine gesetzliche Regularien greifen.

Medikamentenmissbrauch ist grundsätzlich nicht mit Doping gleichzusetzen, solange nicht gegen verbotene Substanzen und Methoden verstoßen wird, die auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) stehen. Demzufolge sind also Schmerzmittel wie z.B. Aspirin, Ibuprofen und Paracetamol erlaubt. Genauso das verschreibungspflichtige Präparat Tramadol (opoides Schmerzmittel), das die Schmerzempfindlichkeit senkt, dem aber gefährliche Nebenwirkungen wie Beeinträchtigung der Sinneswahrnehmung und Koordinationsfähigkeit samt Suchtgefahr attestiert wird. Bei Einnahme dieser Präparate begeht der Sportler faktisch kein Dopingvergehen, gleichwohl die zweckentfremdete Verwendung gesundheitlch sehr bedenklich ist.

Eine Online-Befragung der Universität Nürnberg-Erlangen unter 4000 Läufern des Bonn-Marathons 2011 erbrachte ein erschütterndes Ergebnis: über die Hälfte der Teilnehmer hatten vor dem Wettkampf Schmerzmittel eingenommen. Sportsoziologe Dr. Mischa Kläber (Ressortleiter für Präventionspolitik & Gesundheitsmanagement beim DOSB) mutmaßt, dass in Deutschland insgesamt mehr als eine Million Menschen regelmäßig zu leistungssteigernden Mitteln greifen.

2012 fand eine Forsa-Umfrage unter rund 1000 Personen ab 18 Jahren heraus, dass jeder Dritte unter 25-Jährige bereits zu Schmerzmitteln gegriffen hatte, um das Schmerzempfinden zu unterdrücken bzw. jeder Vierte nutzte Erkältungspräparate in der Hoffnung leistungsfähiger zu sein. 

Erschreckende Zahlen beim Gewichtheben und der Leichtathletik. Mario Thevis vom Zentrum für präventive Doping-Forschung an der Sporthochschule Köln stellte bei Stichproben fest, „dass zum Teil 100 Prozent der getesteten Athleten Schmerzmittel genommen haben.“

Selbstmedikation

Werden Trainingsumfang und Trainingsintensität über das verträgliche Maß hinaus gesteigert, tritt irgendwann die Schutzfunktion des Körpers in Form von Schmerzen in Kraft. Ein Warnhinweis, der eine Überbeanspruchung andeutet und von daher ernst genommen werden sollte. Leider übergehen viele Betroffe solche symptomatischen Warnsignale und setzen ihren Körper solange Belastungen aus, bis ernstere Verletzungen eine ärztliche Behandlung nötig machen.

2013 wurden in deutschen Apotheken 109 Millionen Packungen Schmerzmittel verkauft. Auffällig ist der leichtfertige und sorglose Umgang mit frei erhältlichen d.h. nicht verschreibungspflichtigen Präparaten wie Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen und Paracetamol. 

Wohlweislich erließ der Gesetzgeber zum Schutz des Verbrauchers für Selbstmedikation mit Analgetika (schmerzstillende Medikamente) strenge Richtlinien. Demnach dürfen rezeptfreie Schmerzmittel nur niedrig dosiert und in klein dimensionierten Packungsgrößen abgegeben (geringe Tablettenanzahl) werden. Die gesundheitlichen Schäden, welche durch unsachgemäßen oder medizinisch nicht indizierten Gebrauch von Arzneimitteln auftreten können, sollten nicht unterschätzt werden. So verursachen zu hohe Dosierungen bzw. Langzeitanwendungen womöglich Nierenfunktionsstörungen und/oder Magenblutungen bzw. schädigen das Herzkreislaufsystem.

Bei der Verordnung (verschreibungspflichtiger) Schmerzmittel, die bei missbräuchlicher Verwendung im Ruf der Leistungssteigerung stehen (z.B. Asthmamittel Clenbuterol) sind Ärzte in der Pflicht die medizinische Notwendigkeit zu prüfen und  ggf. so zu verabreichen, dass ihre Medikation keine problematischen Nebenwirkungen zeigt.

Die ärztliche Aufgabenfunktion wird jedoch ausgehebelt, falls es der Pharmalobby in Verhandlungen mit dem Bundesministerium für Gesundheit gelingt, ihre wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Konkret geht es um die Lockerung der Verschreibungs- und Apothekenpflicht für bestimmte Produkte bzw. Aufhebung des Werbeverbots für verschreibungspflichtige Medikamente, was dann den freizügigen Verhältnissen der USA gleichkäme.

Wettkampfbedingter Gebrauch von Medikamenten ist risikobehaftet

Ausdauersport belastet den Organismus in erheblichem Maß. Insbesondere das Herz-Kreislauf-System, der Magen-Darm-Trakt und die Niere werden beansprucht obgleich diese Körpersysteme aufgrund des erhöhten Sauerstoffbedarfs der Muskulatur minderdurchblutet sind. Da Schmerzmittel das sensorische Frühwarnsystem „Schmerz“ unterdrücken besteht die Gefahr, dass Gelenke, Muskeln und Sehnen überbelastet werden. Laut Pharmakologe Prof. Dr. med. Kay Brune, Erlangen und Dr. med. Michael Küster, DGS-Leiter, Bonn–Bad Godesberg erhöhen Schmerzmittel die Durchlässigkeit des Magen- Darm-Traktes, d.h. Bakterien und bakterielle Toxinetreten treten vermehrt im Blut auf was den gesamten Organismus schädigt. Kopfschmerzen, Müdigkeit, Abgeschlagenheit und eingeschränkte Nierenfunktion können die Folgen sein. 

Blutuntersuchungen ergaben unter den Finishern des Boston Marathons 2005, dass 54 % der Männer und 61 % der Frauen ein nicht steroidales Antirheumatikum (NSAR) eingenommen hatten. Diese entzündungshemmenden Schmerzmittel werden normalerweise symptombezogen zur Rheumatherapie eingesetzt. 

Eine weitere Untersuchung von Dr. med. Michael Küster und Prof. Dr. med. Kay Brune kam zu vergleichbaren Ergebnissen. Die missbräuchliche Medikamenteneinnahme im großen Stil wurde auch beim Bonn-Marathon 2010 festgestellt. Demzufolge hatten 56 % der Teilnehmer Schmerzmittel eingenommen (Diclofenac (44 %, Ibuprofen (36 %, Aspirin 6 %). Nur 9 % der untersuchten Teilnehmer behandelten bereits bestehende Schmerzen, während der Rest - meist zu hoch dosiert - NSAR zweckentfremdet schluckten.

Und das obwohl Antirheumatika wie Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure zu Magen-Darm- und Nierenproblemen führen die Übelkeit, Erbrechen bis hin zu Blut im Urin auslösen. 

Die hohe Medikamentenmissbrauchsrate deckt sich auch mit den Erkenntnissen von Ernst Jakob, Chefarzt für Innere Medizin an der Sportklinik Lüdenscheid, der 2000 Teilnehmer des Plettenberg-Marathons befragte. Die Hälfte der Läufer räumte ein „regelmäßig oder gelegentlich bei solchen Events“ auf Schmerzmittel zurückzugreifen. Dazu Ernst Jakob: „Das Phänomen ist relativ verbreitet. Als Arzt begegne ich immer wieder Patienten mit Anzeichen einer Niereninsuffizienz“. Den wenigsten Sportlern scheint bewusst zu sein, dass während der Belastungsintensität große Blutmengen von den inneren Organen zur Muskulatur umgeleitet werden und dementsprechend die toxische Belastung höher ausfällt als bei Inaktivität. Vom Gefährdungspotential fühlen sich manch Hartgesottene nicht abgeschreckt und halten sogar nach „wirksameren“ (verschreibungspflichtigen) Präparaten Ausschau.

Während Profisportler in ein Netzwerk aus Betreuern, Trainern, Ärzte, Physiotherapeuten, Masseuren, Mental-Coaches und Ernährungsspezialisten eingebettet sind, können Hobbyathleten in aller Regel nicht auf geballte Fachkompetenz zurückgreifen. Wer dann auch noch auf ärztlichen Rat verzichtet begibt sich fraglos auf dünnes Eis. Wie viele den Spruch „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ wirklich beherzigen weiß niemand genau. Die Tragweite des Medikamentenmissbrauchs scheint ein Großteil der Konsumenten jedenfalls nicht sonderlich ernst zu nehmen oder noch schlimmer, die gesundheitsschädlichen Gefahren werden komplett ignorniert. Der bekannte Pharmakologe und Dopingjäger Fritz Sörgel meint: "Polypragmasie ist ein großes Thema“ womit er die sinn- und konzeptlose Behandlung mit zahlreichen Arznei- und Heilmitteln kritisiert.

Entgegen im Profisport wo die Verwendung bestimmter Substanzen unter Strafe steht unterliegt der unorganisierte Freizeitsport keinerlei Restriktionen oder Beschränkungen. Diese Begebenheit öffnet dem Missbrauch von Medikamenten Tür und Tor. Gerade die Selbstmedikation ohne ohne therapeutische bzw. ärztliche Verordnung ist hochriskant, da die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln Botenstoffe (Prostaglandinen) hemmt welche wichtige Schutzfunktionen für den Körper übernehmen. In Anbetracht der Gesundheitsrisiken lässt der leichtfertige Umgang mit Medikamenten gesunden Menschenverstand missen. Wer kein gesundes Misstrauen an den Tag legt handelt fahrlässig. Eine ausgeprägte Ignoranz schafft quasi eine kognitive "Abwehrschranke", die Bedenken bzw. Vorbehalte ausblendet und obendrein für Beratungsresistenz sorgt.

Laien sind kaum in der Lage komplexe pharmakologische Zusammenhänge zu verstehen. Umso wichtiger ist der Gang zum Arzt, der fachlich in der Lage ist die entsprechende Darreichungsform bedarfs- und zeitgerecht zu verordnen. Im Rahmen dessen, helfen Untersuchungen der Nieren, dem Verdauungstrakt und dem Herz-Kreislaufsystem, bzw. die Prüfung von Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten Restrisiken zu minimieren.  

Fachleute warnen eindringlich (Ausnahme akute Beschwerden), schmerzlindernde Medikamente vorsorglich (prophylaktisch) d.h. vor der sportlichen Belastung einzunehmen. Schmerzmittel wie z.B. Diclofenac oder Ibuprofen (kurzwirksame NSAIDS) sollten erst im Anschluss der Belastung sowie zur Schonung von Herz und Nieren erst nach ausreichender Flüssigkeits- und Salzzufuhr erfolgen - sofern eine diagnostizierte Notwendigkeit vorliegt.

Da Paracetamol eine begrenzte Wirkungsdauer aufweist besteht zu Lasten der Leber die Gefahr der Überdosierung.

Die prophylaktische Einnahme von NSAR vor Wettkämpfen wie Laufmarathons, Triathlon oder Radfahren ist gemäß einer Studie aus den Vereinigten Staaten schmerztherapeutisch sinnlos. Probanden, die während eines ca. 24 Stunden- Ultramarathons regelmäßig Ibuprofen einnahmen hatten im Vergleich zur Placebogruppe nicht weniger Schmerzen und waren auch nicht leistungsfähiger. 

Eine ernstzunehmende Gefahr liegt in Arzeimittelfälschungen, deren Verpackungsaufmachung den Orginal-Präparaten häufig täuschend ähnlich sehen. Für Konsumenten ist rein optisch nicht feststellbar, ob es sich um ein Originalpräparat oder eine Fälschung handelt. 

                                          

Die Mär über angeblich leistungsfördernde Wirkung von Aspirin hält sich in Sportlerkreisen hartnäckig. Acetylsalicylsäure (ASS) wirkt gerinnungshemmend, erhöht aber entgegen gängiger Meinung nicht die Anzahl der roten Blutkörperchen die den Sauerstoff-Transport im Blut regeln und somit leistungssteigernd wäre. Die Vorstellung, das Herz könne "verdünntes" Blut unter Belastung leichter durch die Adern pumpen ist ein weit verbreiteter Irrglaube weil die Gerinnungsfähigkeit in keiner Weise die Konsistenz des Blutes beeinflusst. Stattdessen birgt die missbräuchliche Verwendung von Aspirin erhebliche Risiken. Prof. Dr. Brune: "Der Darm verliert seine Barrierefuktion". Je nach verabreichter Dosis besteht neben dem Risiko von Magen-Darm- und Nierenschäden über Tage hinweg eine erhöhte Blutungsneigung. Zudem warnt der Pharmakologe davor, dass vor der körperlichen Belastung eingenommene Schmerzmittel Elektrolytstörungen heraufbeschwören und eine gefährliche Hyponatriämie (Natriummangel) verursachen können. Die Medikamenteinnahme vor/während einer körperlichen Belastung erhöht das Gefährdungspotential, weil Mineralienverlust (Schweiß) bei gleichzeitig permanentem Flüssigkeitsnachschub den Salzhaushalt verschiebt (sinkender Natriumspiegel im Blut). Neurologische Störungen wie Desorientierung, Reaktionseinbußen, Kreislaufversagen oder lebensgefährliche Hirnödeme bis hin zum plötzlichen Herztod können die Folge sein. 

Krankheit – Medikamente - Sport 

Dass Ausdauersport fit und gesund hält ist hinreichend bekannt und belegt, doch bei akuter Erkältung oder grippalem Infekt wankt dieser Grundsatz. Soviel steht fest: Maximalbelastungen (Intervalle), lange Trainingseinheiten oder gar kräftezehrende Wettkämpfe sind bei Infektionskrankheiten tabu, weil das Immunsystem bereits auf Hochtouren läuft um den Infekt zu bekämpfen. Einerseits schwächt die Bekämpfung der Krankheitserreger den Organismus, andererseits vergeudet körperliche Anstrengung sinnlos Energie. Das Herz muss schneller schlagen und mehr Blut in den Körper pumpen, um die erhöhte Sauerstoffversorgung aufrecht zu erhalten. Die Doppelbelastung setzt den Körper einer unnötigen Stresssituation aus, die für vermehrte Ausschüttung von Stresshormonen sorgt. Im Falle einer Viruserkrankung schwächt es die Virenabwehr. Dasselbe gilt für bakterielle Infektionen, wo ebenso die „Gesundheitspolizei“ in Form der Körperabwehr gefordert ist. Medikamente lindern zwar Beschwerden, trotzdem steckt der geschwächte Körper Belastungen bei weitem nicht so leicht weg als wenn er gesund und fit ist.  

Wer sich in der heiklen Phase körperlicher Schwäche nicht schont und unbeirrt sein Trainingsprogramm durchzieht riskiert die Ausbreitung der Viren oder Bakterien auf den gesamten Körper mit der Konsequenz, dass es auf andere Organsysteme übergreift. Versagt das Immunsystem, kann eine Immun- oder Entzündungsreaktion unbemerkt dahinschwelen. Ob wissentlich oder unwissentlich – Trainingseinheiten in angeschlagenem Gesundheitszustand bergen über kurz oder lang die Gefahr einer u.U. lebensbedrohlichen Herzmuskelentzündung. So wurde z.B. Beispiel bei ca. 10% von jungen Menschen, die plötzlich – meist in Ausübung eines Leistungssports – verstarben als Todesursache eine Herzmuskelentzündung festgestellt. Nur etwa die Hälfte der Erkrankten kann sich im Laufe der Zeit vollständig erholen, alle anderen müssen wohl oder übel mit einer mehr oder weniger ausgeprägten Funktionsstörung des Herzens leben. Im schlimmsten Fall droht eine Herztransplantation.

Natürlich hütet kein Mensch freiwillig gern das Bett – Sportler noch viel weniger. Auch wenn sich Trainingsvorsätze und Zwangspause "beißen" sollte man dennoch sprichwörtlich "kürzer treten". Wer Fiber hat (Symptom eines grippalen Infektes oder die Folge einer bakteriellen Infektion) gehört ins Bett. Irreparable Gesundheitsschäden stehen wohl in keinem vertretbaren Verhältnis zu einem erlittenen Trainingsrückstand.

Birgt die Medikamenteneinnahme beim Sport schon Risiken, so gilt dies im Krankheitsfall umso mehr. Werden Symptome wie Hals- oder Gliederschmerzen durch die Einnahme von schmerzstillende, entzündungshemmende oder fiebersenkende Medikamente unterdrückt, sind körperliche Belastungen unbedingt zu vermeiden, ansonsten kann der Schuss schnell nach hinten losgehen.

Anders verhält es sich bei harmlosen Schnupfen (nicht bei Husten oder Halsschmerzen) wo ein moderates Training nach Rücksprache mit dem Arzt durchaus angezeigt sein kann. Dr. Axel Preßler, Oberarzt am Zentrum für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin der Technischen Universität München: „Wer nur schwache Symptome hat und sich insgesamt nicht schlecht fühlt, kann ein leichtes Sportprogramm absolvieren“. Ein untrüglicher Ratgeber ist das Körpergefühl. Doch ob den Signalen Gehör geschenkt  wird und die Vernunft obsiegt steht freilich auf einem anderen Blatt. 

Ist die Krankheit vollständig auskuriert und wurden etwaige Medikamente abgesetzt sollte der schlappe Körper behutsam in Schwung gebracht werden. Dazu Professor Dr. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln: „Nach Krankheiten, die mit Fieber einhergingen, müssen Sie eine längere Pause einlegen. Waren Sie nur leicht erkältet, dürfen Sie spätestens wieder trainieren, sobald die Symptome abgeklungen sind“. Faustregel: nach fiebrigen Infekten sollte sicherheitshalber eine Woche pausiert werden bevor behutsam wieder losgelegt wird. 

 Hinweis

Produktverpackungsbilder wurden beliebig ausgewählt und dienen ausschließlich zur Illustration des Berichts. Textinhalte beziehen sich nicht auf abgebildete Pharmaprodukte bzw. Nahrunsgergänzungsmitel, sondern zeigen Risiken bei missbräuchlicher Anwendung (z.B. falsche Dosierung, Wirkstoffkomplexe) auf.